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Prof. Dr. phil. Angelika Linke (Leitung) und lic. phil. Yvonne Ilg (Doktorandin)
Das linguistische Teilprojekt verfolgt die Langzeit-Karriere des Begriffs «Schizophrenie» in der Alltagssprache von 1908 bis heute im deutschsprachigen Raum.
Der Schizophreniebegriff ist im Laufe des 20. Jahrhunderts erstaunlich rasch aus dem psychiatrischen Fachdiskurs in zahlreiche andere Diskurse übernommen und für neue kommunikative Bedürfnisse adaptiert worden. Die alltagssprachliche Verwendung von «Schizophrenie» – und weiterer Ausdrücke wie «schizophren», «schizoid», «schizo» – geht dabei einher mit einem Schillern der Semantik zwischen fachsprachlicher Bedeutung und metaphorischem Gebrauch (Musolff 2003). Der systematische Charakter dieser Unschärfe verweist darauf, dass wir es dabei mit einer spezifischen Praktik der Kommunikationsgemeinschaft zu tun haben, die den Ausdruck für ihre Zwecke – u.a. als Medium gesellschaftlicher Selbstverständigung – «anverwandelt».
Vor diesem Hintergrund stellt das linguistische Teilprojekt die Fragen ins Zentrum,
Zur Beantwortung dieser Kernfragen werden korpuslinguistisch-quantitative (Biber et al. 2006, Bubenhofer 2009) mit punktuellen qualitativen Untersuchungen kombiniert. Mittels systematischer computergestützter Analysen umfangreicher Teilkorpora sollen Veränderungen von Ausdrucksmustern, semantischem Potenzial und konnotativen Verfestigungen im gesamten Begriffsfeld «schizo-» in unterschiedlichen Diskursbereichen und Zeitperioden des 20. Jhs. erfasst werden. Als Quellengrundlage wird dabei bewusst alltagsnahes, hinsichtlich Autoren und vermutlichen Rezipienten breit diversifiziertes Schrifttum gewählt.
Da dem Projekt die sprachtheoretische Annahme unterliegt, dass Begriffsgeschichte(n) als kontextbasierte Rekonstruktionen zu betreiben sind, werden die Methoden der Begriffsgeschichte bzw. historischen Semantik (Busse 1987, Busse/ Hermanns/Teubert 1994, Hermanns 1995) zur linguistischen Diskursanalyse (exemplarisch Warnke/Spitzmüller 2008, Spitzmüller/Warnke 2011) erweitert. Daneben ist die grundsätzliche Frage nach der Popularisierung medizinisch-psychiatrischer Begriffe auch einer sprachkritischen Perspektive zu unterstellen (vgl. etwa Kilian et al. 2010, Schiewe 2011).
Zitierte Literatur