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Kino und Psychiatrie, so könnte man behaupten, besetzen mit umgekehrten Vorzeichen das gleiche Thema: Was im Kino freigesetzt wird – die dunkle Seite der menschlichen Existenz, ihr «Wahnsinn» im wörtlichen Sinn – versucht die Psychiatrie zu kontrollieren und zu therapieren. Entsprechend hat das Kino seit seinen Anfängen Wünsche, Träume, Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Ängste bebildert, ist aber auch immer wieder in die Psychiatrie gegangen, um dortige Praktiken kritisch unter die Lupe zu nehmen. Die Reihe «Psychiatrie im Film» zeigt Filme quer durch die Jahrzehnte und quer durch die Genres, von Dokumentarfilmen, die im Auftrag des US-Militärs entstanden – wie etwa John Hustons Let There Be Light (1946) –, bis zu aufwändigen Spielfilmen wie Martin Scorseses Shutter Island (2009/10).
Der Film bebildert dabei nicht zuletzt eine Kulturgeschichte der Psychiatrie und ihrer verschiedenen Behandlungsformen: Von grausamen Methoden wie der Elektrokrampftherapie – die beispielsweise in Frederick Wisemans Titicut Follies (1967) zu sehen ist – oder der Lobotomie – die in Suddenly, Last Summer (1959) von Joseph L. Mankiewicz diskutiert wird – bis hin zu psychoanalytisch orientierten Gesprächstherapien, die insbesondere in den späten Siebzigerjahren thematisiert werden. Auch Gendertrouble scheint stets unter der Oberfläche der Filme zu brodeln, nicht zuletzt weil die Psychiatrie klassische Geschlechterrollen reproduziert. Zudem werden deutlich westliche Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit mit dem Kolonialismus auch in andere Kulturen exportiert, wie etwa der aktuelle Dokumentarfilm Ce qu’il reste de la folie (2014) zeigt.
Im Zentrum der Filmreihe stehen eine Reihe von Fragen: Welches Bild psychischer Krankheit und psychiatrischer Therapie kann das Kino reflektieren? Und: Können Filme zur Entstigmatisierung psychiatrischer Diagnosen und Therapien beitragen? Der Psychiatriefilm, so die These, ist ein Spiel mit einem doppelten Boden, der auch die Angstlust des Publikums vor dem Realitätsverlust bedient, den jeder Gang ins Kino heraufbeschwört. Insofern demonstrieren Psychiatriefilme, was Kino kann: ein Tabu sichtbar und damit verhandelbar machen.
Nicht nur sind viele spannende Filme zu sehen (Spielfilme und Dokumentationen, frühe Produktionen und Gegenwartskino), die Reihe wird ebenso von Vorträgen und Diskussionen flankiert, darunter: